Die Digitalisierung des „Opus postumum“ von Immanuel Kant (Ms. germ. fol. 1702) wurde aufgrund einer Finanzierung durch DFG-Mittel im Rahmen des Förderschwerpunktes „Retrospektive Digitalisierung von Bibliotheksbeständen“ ermöglicht.
Das sich erst seit 1999 im öffentlichen Besitz der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz befindende Manuskript besteht aus dreizehn Convoluten von losen Bögen und Blättern, zumeist Folio, aber auch kleineren Formats, insgesamt 580 Seiten, von denen 525 von Kant selbst beschrieben sind. Abgesehen von dem Wert und der Bedeutung dieses einzigartigen Dokuments befindet es sich teilweise in einem derart fragilen Zustand, dass die Leitung der Handschriften-Abteilung aus konservatorischen Gründen eine Digitalisierung außerhalb der eigenen Räumlichkeiten nicht verantworten konnte und dies in einem Gutachten begründet hat.
Eine Digitalisierung durch einen externen Dienstleister vor Ort wurde hauptsächlich deshalb verworfen, weil die Handschriften-Abteilung, um eventuelle Spätfolgen für das Manuskript wegen der Licht- und Wärmeeinwirkung auszuschließen, die technischen Parameter der infrage kommenden Scanner erbeten hatte und diese von den Herstellern der Geräte 2001 nicht in Erfahrung zu bringen waren.
Aus diesen Gründen entschieden sich die Beteiligten für die Hybridvariante, konkret für die Verfilmung des Manuskriptes in der hauseigenen Photoabteilung der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz und die Digitalisierung der Ektachromes durch einen externen Dienstleister. Bei diesem Verfahren sollte die Qualität einer genuinen Digitalisierung erreicht werden, und wegen fehlender Erfahrungen wurden zwei Testreihen in Auftrag gegeben. Dabei wurden von drei Originalseiten Ektachromes in je drei verschiedenen Größen angefertigt, und diese wurden wiederum in Kombination mit vier verschiedenen Auflösungen von 300, 400, 600 und 800 ppi, mit zwei verschiedenen Farbtiefen von 24 und 48 bit und mit unterschiedlichen Scanngeräten (Flachbettscanner und Trommelscanner) digitalisiert. Mit folgenden Parametern konnte das Optimum der Hybridvariante bestimmt werden, das zudem der Qualität einer genuinen Digitalisierung standhält:
Die DFG schlug vor, als Filmmaterial den langzeitstabilen Sicherheitsfilm Ilfochrom Microgaphic Film® zu verwenden. Da eine Anfertigung von Farbmakrofiches direkt von der Originalvorlage sowohl außerhalb als auch innerhalb der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz unter den gegebenen Rahmenbedingungen des Projekts nicht möglich war, wurde wegen fehlender Erfahrungen eine andere Möglichkeit anhand einer dritten Testreihe geprüft, und zwar die Anfertigung von Photoaufnahmen mit dem speziell für diesen Zweck entwickelten Duplicating-Film CDU II, der als Ausgangsbasis für das Umkopieren auf Ilfochrome Microgaphic Film® dient. Um einen Vergleich der Digitalisate zu ermöglichen, wurden folgende Vorlagen mit folgenden Parametern digitalisiert:
Ausgehend von den Ergebnissen der Testreihe, die an dieser Stelle nicht ausführlich vorgestellt werden können, fiel die Entscheidung für folgendes Verfilmungs- und Digitalisierungsverfahren:
Dieses Verfahren wurde mit dem externen Dienstleister Herrmann & Kraemer, Garmisch-Partenkirchen, realisiert, mit dem bereits eine längere Zusammenarbeit in der Vorbereitung des Projektes (u. a. die Anfertigung und Auswertung der drei Testreihen) bestand und der das Projekt insgesamt professionell begleitete.
Neben den während der Vorbereitung und Realisierung des Projektes auch für weitere Digitalisierungsvorhaben gemachten Erfahrungen sprechen für dieses Digitalisierungsverfahren im vorliegenden Fall folgende Vorteile:
Selbstverständlich hat dieses Digitalisierungsverfahren wie jedes andere auch Nachteile bzw. Grenzen, die ihre Ursachen hauptsächlich in der Nutzung von vier „Generationen“: Original – Ektachromes – Ilfochromes – Digitalisate haben:
Gewisse, mit dem bloßen Auge kaum zu erkennende Differenzen zwischen den originalen Vorlagen, z. B. farbige Unterschiede des jeweiligen Papierhintergrundes, können sich beim Umkopieren und Scannen aufgrund der spezifischen Eigenschaften beider Farbmaterialien verstärken und werden dann im Einzelfall erst beim Vergleich der Scans sichtbar:
Insgesamt lässt sich berechtigt einschätzen, dass unter den gegebenen Rahmenbedingungen, einschließlich des konservatorischen Aspektes, die Vorteile dieses technischen Verfahrens weit überwiegen und zu akzeptablen Ergebnissen von hoher Qualität führen und dass die Digitalisierung des „Opus postumum“ – sowohl den Projektverlauf als auch das vorliegende Ergebnis betreffend – erfolgreich abgeschlossen werden konnte.
Dank der Bewilligung des Förderantrages durch die DFG liegen nun drei verschiedene Reproduktionen des „Opus postumum“ vor: die Ektachromes, die Ilfochromes und die Digitalisate, und mit der Digitalisierung ist eine wesentliche Voraussetzung für die elektronischen Edition in Verbindung mit den digitalisierten Faksimiles der Handschrift geschaffen.