Opus postumum

Das nachgelassene Manuskript „Opus postumum“ befand sich in wechselndem Privatbesitz, bis im Frühjahr 1999 die Stiftung Preußischer Kulturbesitz das Textcorpus – mit Unterstützung der ZEIT STIFTUNG BUCERIUS – für die Staatsbibliothek zu Berlin erwerben konnte. Es ist ein einzigartiges Dokument, dessen Bedeutung für die Philosophiegeschichte nicht hoch genug eingeschätzt werden kann.

Ab Mitte der 1790er Jahre arbeitet Kant an einem Werk, welches er selbst als sein „Hauptwerk“, sein „chef d’œuvre“, bezeichnet hat. In Auseinandersetzung mit seiner eigenen Kritischen Philosophie versucht er, einen Übergang von der rationalen Metaphysik der Natur bzw. Philosophie zu den empirischen Wissenschaften, vornehmlich der Physik, Chemie und Biologie, zu konzipieren. Dabei befindet sich das Denken des Philosophen in diesem sich über eine Dekade erstreckenden Prozess philosophischer Überlegungen selbst im „Übergang“: Das eher als „Arbeitsmanuskript“ zu charakterisierende Werk enthält neben reinschriftlichen Texten immer wieder Neuansätze, Überarbeitungen und Streichungen, eingeschobene Texte zu anderen Themen bis hin zu Tagesnotizen des alternden Philosophen und drückt bis in die sprachliche Haltung hinein die Bewegung des kantischen Denkens aus.

Das „Opus postumum“ ist bereits 1936/38 als Bände XXI und XXII der Akademie-Ausgabe von Artur Buchenau und Gerhard Lehmann herausgegeben worden. Diese erste vollständige diplomatische Edition verfährt gänzlich unkritisch und ist deshalb seit Langem schweren Einwänden ausgesetzt. Aufgrund der editorischen Unzulänglichkeiten wird an einer kritischen, wissenschaftlichen Ansprüchen genügenden Edition dieses Nachlasswerkes gearbeitet, welches als das von Kants Werken philologisch am schwierigsten zu edierende Werk gilt. Die verantwortlichen Herausgeber*innen der Neuedition der Bände XXI und XXII sind Prof. Dr. Eckart Förster (Berlin) und Dr. Jacqueline Karl (BBAW).

Dank einer großzügigen Drittmittelzuwendung der ZEIT STIFTUNG BUCERIUS, Hamburg, über einen Zeitraum von zwei Jahren konnte bereits im Frühjahr 2001 mit den Vorbereitungen der Neuedition begonnen werden. Ein von der DFG bewilligter Förderungsantrag ermöglichte die Digitalisierung des gesamten Manuskriptes und schuf damit die Voraussetzung für die geplante elektronische Edition in Verbindung mit den digitalisierten Faksimiles der Handschrift.