Die seit Mitte der 1990er Jahre durchgeführten Arbeiten zielen darauf ab, die historisch überkommenen Ausgaben von Friedrich Theodor Rink (Königsberg: Göbbels & Unzer 1802) und Johann Jakob Wilhelm Vollmer (Hamburg / Mainz: Vollmer 1801-1805) zu ersetzen.
Im Juli 2009 ist Band XXVI.1 der Ausgabe erschienen; enthalten ist der Text des frühen, 1757 bis 1759 abgefassten Konzepts zur Vorlesung.
Im Oktober 2020 ist Band XXVI.2 mit studentischen Nachschriften aus der Zeit zwischen 1770 und 1792 erschienen.
Über „Physische Geographie“ hat der Königsberger Philosoph durchgehend vom Beginn seiner Privatdozentur (1755) bis zum Ende seiner Lehrtätigkeit im Sommer 1796 Vorlesungen gehalten. Im Unterschied zu anderen Disziplinen wurde diese jedoch nicht als kritischer Kommentar zu einem etablierten Lehrbuch, sondern als eigenständiges Privatkolleg vorgetragen. In dieser vielleicht erfolgreichsten Veranstaltung eines akademischen Lehrers der Königsberger Albertus-Universität in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts erweist sich Kant als wacher und kritischer Beobachter naturwissenschaftlicher Publikationen seiner Zeit. Aktuelle Einsichten und Verfahrensweisen aus den Gebieten der Geographie, der Geologie und der Naturforschung werden in den Lehrvortrag integriert und für ein überwiegend studentisches Publikum aufbereitet.
Die „Vorlesungen über Physische Geographie“ sind bisher nur in verschiedenen, unzulänglichen Bearbeitungen veröffentlicht. Dies gilt auch für den 1923 erschienenen Band IX der Kant-Ausgabe der Preußischen Akademie der Wissenschaften, die Text und Arrangement der Ausgabe von Friedrich Theodor Rink aus dem Jahr 1802 zugrunde gelegt hat. Voraussetzung für die kritisch gesicherte Edition der „Vorlesungen über Physische Geographie“ in Band XXVI der Akademie-Ausgabe ist die Aufklärung einer höchst verzweigten und komplizierten Überlieferungsgeschichte sämtlicher Textzeugen – Autographe von Kant selbst, Nachschriften von Studenten, u. a. von Johann Gottfried Herder, diverse Drucke – und der literarischen Quellen der Vorlesung selber. Ziel ist sowohl eine adäquate Darstellung der Überlieferung in Form einer elektronischen Dokumentation als auch die Herstellung lesbarer, kritisch geprüfter und erläuterter Texte für den Buchdruck.